Zu den Neobiota gehören Tiere und
Pflanzen, die in einem bestimmten Gebiet nicht heimisch sind. Und
hier fängt schon das große Problem an: Was ist ein bestimmtes
Gebiet? Ab welchen Zeitpunkt muss eine Art da gewesen sein um
heimisch zu sein? Sind alle nicht heimischen Arten gefährlich oder
bedrohlich? Und was ist der Unterschied zwischen Invasoren, Exoten
und Neobiota? Zu allererst müssen wir also klären, was sich hinter
diesem Begriff verbirgt.
Einheimische Arten sind Tiere und Pflanzen, die in Mitteleuropa nach der
letzten Eiszeit ohne menschliches Einwirken ein Gebiet besiedelt haben oder
darin entstanden sind. Diese Arten werden auch als Indigene bezeichnet. Als
nicht einheimisch oder gebietsfremd gelten dagegen alle Arten, die nur mit
direkter oder indirekter Unterstützung des Menschen in ein Gebiet gelangt sind.
Die älteren dieser Ankömmlinge nennt man Archäophyten (Phyta = Pflanzen) und
Archäozoen (Zoa = Tiere). Viele von ihnen sind mit der Ausbreitung des Ackerbaus
zu uns gelangt oder haben sich in diesen speziellen, vom Mensch beeinflussten
Lebensräumen entwickelt. Hierzu gehören viele Ackerkräuter aber auch die
Hausmaus und der Fasan. Neuere Ankömmlinge nennt man Neophyten und Neozoen.
Diese sind erst nach 1492 nach Europa gelangt.
Warum das Jahr 1492 | In diesem Jahr legte
Christopher Columbus mit seinem Schiff Santa Maria auf den Antillen
an. Obwohl bereits 500 Jahre zuvor die Wikinger nach Nordamerika
gelangt sind und es in diesem Zusammenhang zur ersten Einführung
eines nichteinheimischen Tieres kam (Sandklaffmuschel), begann erst
mit Columbus ein weltumspannender Austausch von Menschen und Gütern,
der in seinen Dimensionen ohne historische Vorbilder war (Kowarik
2003). Erst von diesem Zeitpunkt an wurden Pflanzen und Tiere in
großer Anzahl und Menge in der ganzen Welt verbreitet.
In anderen Gebieten der Welt - vor allem in Australien und
Neuseeland - ist es sinnvoller, die Trennlinie zwischen Alt- und
Neuankömmlinge auf den Beginn der Kolonialisierung um 1788 zu legen.
Wie kommen nicht einheimische Arten in ein neues
Gebiet | Gebietsfremde Arten können auf
unterschiedlichste Art und Weise in einen neuen Lebensraum
vordringen. Man unterscheidet wie folgt rechts zu
sehen:Etablierung der Neobiota | Nicht
allen eingeführten Arten können sich in ihrer neuen Umgebung
längerfristig etablieren. Sofern sie sich ohne Zutun des Menschen
unter natürlichen Bedingungen über mehrere Generationen und einen
längeren Zeitraum vermehren (bei Gefäßpflanzen z.B. mindestens 30
Jahre, bei Wirbeltieren 25 Jahre und/oder mindestens 3 Generationen,
bei wirbellosen Tieren steht eine allgemein akzeptierte Definition
noch aus), gelten sie als eingebürgert (etabliert), wenn sie nur
gelegentlich und zerstreut auftreten als unbeständig.
Dabei gilt für Pflanzen die so genannte "Zehnerregel": von 1.000
eingeführten Pflanzen halten sich 10% (100) unbeständig, davon
etablieren sich 10% (10) dauerhaft in naturnahen Lebensräumen. Von
diesen etablierten Arten können weitere 10% (1) eine unerwünschte
Auswirkung und damit einen invasiven Charakter (siehe unten) habe.
Die Invasion der Exoten | Gerne wird
vor allem auch in den Medien das Wort „Invasoren“ mit dem der Neobiota
gleichgesetzt. Dieser Begriff deutet die Aggressivität und Bedrohliche der nicht
einheimischen Arten an. Doch nicht alle Arten sind für die heimische Fauna und
Flora bedrohlich. Daher definiert die IUCN (International Union for the
Conservation of Nature, 2000) Invasoren wie folgt: „Invasive Arten sind nicht
einheimische Arten, die in natürlichen oder halbnatürlichen Ökosystemen oder
Habitat etabliert sind, Veränderungen verursachen und die heimische
Biodiversität bedrohen.“ Diese Veränderungen sind zum Teil schwer fest zu
stellen und es müssen mehrere Faktoren in Betracht genommen werden. Allerdings
kann man z. T. ökologische und wirtschaftliche Schäden sehr deutlich bemessen,
z. B. im Verschwinden einer heimischen Art oder aufkommende Kosten durch Schäden
(Rohrverstopfungen etc.) die durch nicht-einheimische Lebewesen verursacht
werden.
Einführung nichteinheimischer Arten - keine
Einbahnstrasse! | Tiere und Pflanzen werden nicht nur aus anderen
Ländern nach Mitteleuropa eingeführt. Auch wurden und werden Arten aus
Mitteleuropa weltweit verbreitet. So wurden zum Beispiel die Bachforelle und der
Hausspatz absichtlich nach Nordamerika eingeführt. Die Caulerpa taxifolia
("Killeralge"), obwohl ursprünglich eine pazifische Algenart, wurde in
Aquarienhaltung in Deutschland verändert und somit kälteresistent. Durch
Unachtsamkeit gelangte sie dann ins Mittelmeer und sorgt dort nun für
besorgniserregende Veränderungen in küstennahen Lebensräumen.
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Definition NEOBIOTA |
Zu Neobiota zählen gebietsfremde (=nicht
einheimische) Tiere, Pflanzen und andere Lebewesen wie zum Beispiel
Pilze, die durch die direkte oder indirekte menschliche Mitwirkung in
ein neues Gebiet gelangen. |
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vor 1492 |
nach 1492 |
Pflanzen |
Klatsch-Mohn
Esskastanie
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Japan. Staudenknöterich
Nachtkerze
Kanadische Wasserpest |
Tiere |
Hausmaus
Fasan
Hausratte |
Amerik. Flusskrebs
Waschbär
Girlitz |
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Art der Einführung |
Beispiele |
Durch menschliche Veränderungen
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Ackerbau
Kanalbau
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Frühlings-Geikraut,
Türkentaube |
Unbeabsichtigt eingebracht |
Ballastwasser
Begleiter auf z.B. Saatgut, Austern etc.
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Beifussblättriges Traubenkraut
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Absichtlich eingeführt |
Kulturflüchtlinge
(Zier- & Nutzpflanzen;
Nutz- & Haustiere) |
Regenbogen-
forelle |
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