Zoologisches Stichwort
Stamm
Mollusca - Weichtiere
Klasse
Bivalvia - Muscheln
Ordnung
Heterodonta
Familie
Dreissenidae - Wandermuscheln
Gattung
Dreissena
|
Synonyme | keine
Trivialnamen | Dreiecksmuschel, Wandermuschel, Dreikantmuschel
Herkunftsgebiet & Ausbreitung
| Die Zebramuschel stammt aus der Gegend
des Kaspischen und Schwarzen Meeres (Pontokaspische Region), allerdings
war sie im Tertiär überall in Mitteleuropa verbreitet und wurde durch
die Eiszeiten im Quartär verdrängt. Es ist nicht auszuschließen, dass an
einigen Orten kleine Populationen überleben konnten und die Muschel
daher kein Neozoe im engeren Sinne ist. Allerdings wurde sie
nachweislich wieder eingeführt.
In der Neuzeit erreichte die Muschel vom Schwarzen Meer über die
Gewässer Dnjepr, Pripet Memel und Ostsee im frühen 19ten Jahrhundert
Norddeutschland und gleichzeitig wurde sie auch in Großbritannien
nachgewiesen. Innerhalb weniger Jahre wurde sie auch in der Havel und in
den Niederlanden in der Rheinmündung entdeckt. Die Zebramuschel breitete
sich in den folgenden 50 Jahren in fast allen Flussgebieten
Norddeutschlands aus.
Da die Muschel hauptsächlich in Gegenden mit starkem Schifffahrtsverkehr
aufgetaucht ist, kann man annehmen dass ihre Larven im Ballastwasser der
Schiffe verschleppt wurden. Dies gilt aber nur für Flusssysteme und
verbindende Kanäle. Populationen in Seen könnten auch Relikte aus dem
Tertiär sein.
Merkmale & Aussehen | Die verschiedenen Namen beschreiben eigentlich
schon das Äußere der Muschel: Diese Art hat eine dreieckige Schalenform.
Die Schalen sind gelblich gefärbt mit braunen, oft gezackten Linien. Die
26-40mm langen und 17-20mm hohen Schalen sind recht dickwandig und der
Wirbel liegt am spitzen vorderen Ende. Wie viele Muscheln besitzt die
Zebramuschel eine Byssusdrüse, mit der sie ein Faserbündel, oder
Byssusfäden, zum Anhaften auf festem Untergrund produzieren kann.
Biologie & Lebensweise | In
Nordeuropa besiedelt die Zebramuschel hauptsächlich Seen und
langsam fließende Gewässer, manchmal auch Brackwasserhabitate.
Mit ihren Byssusfäden heftet sie sich auf Hartsubstrate aller
Größen, vorzugsweise auf Steine, Holz oder andere Muscheln.
Das Wachstum erfolgt im Winter. Erreichen
die Wassertemperaturen 16-18°C wird die Fortpflanzung
eingeleitet. Das Weibchen kann pro Jahr 1 Million Eier entlassen,
was einem Drittel seines Körpergewichts entspricht. Die
Befruchtung findet im freien Wasser statt. Ein paar Tage können
sich die Larven von ihrem Dottervorrat ernähren. Später ernähren
sie sich von Plankton. Ende Mai bis September kann man die
freischwimmende Veligerlarve im Plankton finden. Nach acht Tagen
setzen sich die Larven fest und spinnen Byssusfäden. Bereits
nach einem Jahr können die Tiere geschlechtsreif werden.
Wandermuscheln haben eine Lebenserwartung von 10 Jahren.
Zebramuscheln sind intensive Filtrierer.
Mit den auf den Kiemen sitzenden Zilien werden Nahrungspartikel
aus dem Wasser filtriert. Die Filtrierrate hängt von
unterschiedlichen Faktoren wie z. B. Temperatur, aufgewühltes
Sediment, Größe etc. ab und variiert daher zwischen 2- 287ml/Muschel/Std.
Status & aktuelle Verbreitung | Die Zebramuschel hat sich fest in
Deutschland etabliert und kann häufig in Kanälen, Brackwassergräben und
Seen gefunden werden. Obwohl die Bestände in der Mitte des 20.
Jahrhunderts rückläufig waren, scheinen sie nun wieder häufiger zu
werden. Vor allem in Norden Deutschlands findet man noch größere
Bestände.
Die Quagga-Muschel Dreissena rostriformis bugensis breitet sich in Mitteleuropa rasant aus. Nachdem diese Art das
Rhein- und Donausystem durchgängig besiedelt hat, findet derzeit eine rasante Ausbreitung in anderen Einzugsbereichen statt. Beachten Sie die Unterschiede zur bereits in Mitteleuropa weitverbreiteten Zebra-, Dreikant- oder Wandermuschel Dreissena polymorpha.
Invasiv oder nicht invasiv? | Die
Zebramuschel bietet zwar ökologische Vorteile doch scheinen die
negativen Einwirkungen auf die Ökologie und Ökonomie zu
überwiegen.
Da sich die Zebramuschel auf festem
Substrat festsetzt, kann man sie auch häufig auf den Schalen
anderer Muscheln, wie zum Beispiel Fluss- oder Teichmuschel, und
Krebsen finden. Die aufsitzenden Muscheln erschweren die
Fortbewegung, behindern das Wachstum und sind starke
Nahrungskonkurrenten (Wagner 1936, Kinzelbach 1969, Blum 1970).
Bei massenhafter Vermehrung kann es z. B.
zu Verstopfungen von Leitungen kommen. Dies hat in Berlin und
Hamburg schon zu Problemen der Wasserversorgung von
Binnenschiffen geführt, da sich die Muschel auf den
Schiffsrümpfen anheftete und dadurch auch die Rohrleitungen
verstopfte. Auch Kraftwerke bekämpfen die Muschelverstopfungen
in ihren Abwasseranlagen. Die Reinigung durch Chemikalien,
Elektroschocks oder mechanisches Abspachteln ist mit hohem
Arbeits- und Kostenaufwand verbunden.
Nur selten werden die Bestände auf
natürliche Weise unter Kontrolle gehalten. Die USA schätzen die
Schäden die von der Zebramuschel angerichtet wurden auf 5 Mrd
US$ (Global Invasive Species Programm 2001).
Allerdings bieten Muschelbänke auch eine
wichtige Nahrungsquelle für Enten und andere Wasservogelarten.
Im Bodensee wurden die vegetarischen Kolbenten zu
Fleischfressern nachdem die Vögel die Zebramuschel als neue
Nahrungsquelle entdeckt haben. Aber auch andere Wasservögel und
Fische fressen den Zuwanderer und halten dadurch die
Populationen begrenzt. Das führte dazu dass am Bodensee die
Zahlen der überwinternden Tauchenten und Blässhühner Zeitenweise
auf das bis zu Zehnfache anstiegen (Blum 1970, Leuzinger und
Schuster 1970, u. a.). Die intensive Futtersuche hat zur Folge,
dass es bis zu einer Tiefe von 3m zu einer totalen Abweidung der
Muscheln kommt (Jacoby und Leuzinger 1972). Tiefer können nur
bestimmte Vögel und natürlich Fische, wie Karpfen, Rotaugen und
Sandfelchen, Jagd auf die begehrte Nahrungsquelle machen.
Auch machte man sich ihre riesigen
Filtrierraten aber auch Schadstofftoleranzen zu Nutze.
Mit dieser hohen Filtrierrate nehmen die Muscheln auch jede
Menge ungewünschte Stoffe wie zum Beispiel Schwermetalle auf.
Schadstoffe beeinflussen die Schalenbewegungsmuster. Daher wurde
ein Muschelmonitor entwickelt, der zur Gewässerüberwachung
Muscheln kontinuierlich in einem mit Flusswasser durchströmten
Becken überwacht (UBA 2000). Mit Hilfe spezieller Sensoren wird
ermittelt wie weit sich die Schalen öffnen. In einem bestimmten
zeitlichen Verlauf werden die ansteigende
Schalenbewegungsaktivität, die abnehmende Schalenöffnungsweite
und der geschlossene Zustand vermerkt und bei bestimmten
Ablaufmustern wird Alarm gegeben. So kann die Zunahme von
giftigen Stoffen im Wasser erkannt werden bevor sie eine
tödliche Konzentration erreichen.
Weiterführende Literatur & Links
Zum Auftreten der Wandermuschel (Dreissena polymorpha) am
österreichischen Bodenseeufer. Blum, V. 1970. Egretta 2:52-53.
Die Wandermuschel (Dreissena
polymorpha) als Nahrung der Wasservögel am Bodensee.
Jacoby, H. und H. Leuzinger. 1972. Anz. Orn. Ges.
Bayern: 26-35
Epökie der Wandermuschel (Dreissena polymorpha
Pallas).
Kinzelbach, R. 1969. Natur und Museum 99 (4): 155-158
Neozoa (Makrozoobenthos) an der deutschen
Nordseeküste – Eine Übersicht.
Nehring, S. & H. Leuchs. 1999. Bundesanstalt für Gewässerkunde,
Koblenz, Bericht BfG-12000: 131 S.
The zebra mussle Dreissena
polymorpha: ecology, biological monitoring and first applications in the
water quality management.
Neumann, D. & H. A. Jenner (Hers.) 1992. G. Fischer, Stuttgart, Jena. 262 S.
Fallstudien zu gebietsfremden Arten in
Deutschland. UBA (Umweltbundesamt). 2000. 144p.
Die Wandermuschel (Dreissena) erobert den Platten-See. Wagner, H.
1936. Natur und Volk 66:37-41
www.issg.org (Englische Webseite des Global Invasive Species Programm)
Die Quagga-Muschel Dreissena rostriformis (Bivalvia: Dreissenidae) erobert
den Main, Rhein und Neckar: Hinweise zu einem
potentiellen Aufsitzer von Libellenlarven,
http://www.sglibellen.de/pdf/archiv/2009/Martens_2009.pdf
Verbreitung von Dreissena rostriformis bugensis (Andrusov,
1897) in Deutschland (Mollusca: Bivalvia),
http://www.büro-für-gewässerökologie.de/pub-pdf/Schöll_Eggers_Haybach_Gorka_Klima_König_2012.pdf
Die Dreikantmuschel sicher bestimmen, DGL 2014,
http://www.neobiota.info/pdf/Quagga-Muschel sicher bestimmen DGL 2014.pdf
Kontakte | Ralph O.
Schill, umwelt@vdst.de
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